Worauf könnte ich achten, wenn ich einen Therapeuten suche?
- Ingrid Haas
- 28. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Einen guten Psychotherapeuten zu finden, ist nicht einfach. Kassenzugelassene Therapeuten haben oft eine lange Warteliste. Wenn sich eine Mama entschlossen hat, sich in Therapie zu begeben, ist dies oft ein besonders schwieriger Prozess. Therapeuten, die selbst bezahlt werden müssen, gibt es viele. Doch wie können die einzelnen Therapeuten unterschieden werden? Wie kann Qualität erkannt werden, wenn alle schöne Homepages haben und ein ansprechendes Profilbild? Ich habe ein paar Punkte zusammengestellt, die ich beachten würde. Die Punkte sind keinesfalls vollständig und vollkommen subjektiv aus meiner Erfahrung heraus, aber sollen ein paar Gedankenanstöße bieten, auf was geachtet werden könnte.
1.) Fachliche Qualifikation:
Bei den klassischen Psychotherapeuten gibt es die Approbation, die garantiert, dass die approbierten ärztlichen oder psychologischen Psychotherapeuten eine fundierte Ausbildung durchlaufen haben. Approbieren kann nur, wer ein medizinisches Studium zum Arzt oder ein Psychologiestudium mit Schwerpunkt Klinischer Psychologie und jeweils zusätzlich eine anerkannte therapeutische Weiterbildung (Richtlinienverfahren) durchlaufen hat, die zur Approbation führt. Diese Psychotherapeuten können auch (Kassenzulassung vorausgesetzt) mit der Krankenversicherung abrechnen und es ist damit gut gesichert, dass eine wirklich fundierte Ausbildung vorhanden ist.
Bei den Psychotherapeuten, die unter das Heilpraktikergesetz (HP psych) fallen und die in der Regel vor allem mit Selbstzahlern arbeiten ist "nur" ein Mindestalter von 25 Jahren und ein Hauptschulabschluss Bedingung. Die Überprüfung beim Gesundheitsamt ist jedoch anspruchsvoll und nur mit Durchhaltevermögen, Motivation und Sitzfleisch zu schaffen. Der Heilpraktikerabschluss (allgemein oder beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie) stellt sicher, dass der Therapeut keine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt, dass er diagnostisch tätig sein darf und durch das eigene therapeutische Verhalten kein Schaden entsteht. Formal gesehen sollte der Heilpraktiker für Psychotherapie zusätzlich eine fundierte psychotherapeutische Zusatzausbildung absolviert haben. Faktisch gibt es sehr gut ausgebildete Heilpraktiker für Psychotherapie mit anerkannten therapeutischen Weiterbildungen (Richtlinienverfahren wie z.B. Verhaltenstherapie, Psychoanalyse, psychodynamische Ansätze und systemische Therapie) und welche, die außer der Heilerlaubnis als Heilpraktiker für Psychotherapie kaum therapeutische Ausbildung haben, aber trotzdem "Psychotherapie" anbieten. Dies ist auf den ersten Blick nicht immer leicht zu erkennen. Daher macht es hier Sinn, genau nachzuschauen, welche therapeutischen Ausbildungen der HP psych absolviert hat und bei welchem Institut er diese durchlaufen hat. Es gibt viele Schnellausbildungen, die nur ein Wochenende dauern oder nur online stattfinden und für die keinerlei Selbsterfahrung notwendig sind und für die auch keinerlei Zulassungsbeschränkung besteht. Und es gibt mehrjährige, aufwändigere Ausbildungen, bei denen Eigentherapie verlangt wird und am Ende ein Prüfungs-Prozedere durchlaufen werden muss.
Fundiert ausgebildete Therapeuten legen in der Regel die Art ihrer Ausbildung offen und nennen Fachverband oder Ausbildungsinstitut, bei dem die Ausbildung absolviert wurde bzw. anerkannt ist, so dass klar nachrecherchiert werden kann, was sie gelernt haben und in welchem Umfang. Eine fundierte therapeutische Ausbildung dauert mehrere Jahre, findet in der Regel zumindest zu einem sehr großen Teil in Präsenz statt und kostet.
2.) Persönliche Qualifikation
Ich selbst würde bei Therapeuten die Beschreibung genau lesen und was derjenige mitbringt. Welche Grundausbildung und Lebenserfahrung bringt er mit? Hat er studiert oder eine fundierte Ausbildung durchlaufen? Kann er auch mal "um die Ecke" denken und kreativ arbeiten? Oder nennt er keine weiteren Qualifikationen? In der therapeutischen Arbeit ist es meiner Meinung nach zentral, dass der Therapeut eine gefestigte Persönlichkeit hat, empathisch ist und über den Tellerrand und im Zweifelsfall auch die eigene Methode hinausschauen kann. Therapie ist dann besonders hilfreich und wirkungsvoll, wenn auf Therapeutenseite genug Know-how und Beziehungsfähigkeit vorhanden ist, um flexibel auf verschiedene Bedürfnisse und Ziele einzugehen und nicht nur stur ein Schema F zu befolgen und eine Therapiemethode durchzusetzen.
3.) Sympathie: Hier wird es subjektiver. Wesentlich und zentral für einen guten Therapieerfolg ist, dass die Beziehung zwischen Therapeut und Klient "stimmt", dass es Sympathie gibt und der Therapeut einen "anspricht", Sicherheit vermitteln kann und erklären kann, was er tut. Was das für den einzelnen Patienten bedeutet, kann für jeden anders sein. Hier ist der beste Gradmesser auf das eigene Bauchgefühl zu hören und darauf, ob der Therapeut sympathisch ist oder nicht, aber auch, ob derjenige schlüssig vermitteln kann, was er warum macht und ob man sich menschlich "versteht".
4.) Speziell für Mamas:
Wenn Mamas Therapie machen halte ich es für sinnvoll, dass der Therapeut sich in eine Mama hineinversetzen kann und sich zumindest grundlegend mit den typischen Mama-themen auskennt wie z.B. Schlafmangel, Eltern-Kind-Bindung, biologische Veränderungen durch Geburt und Babyzeit. Gerade wenn Kinder noch klein sind, funktioniert auf Grund der engen Eltern-Kind-Thematik sehr viel therapeutisches Werkzeug nicht so "gut" wie zu anderen Lebenszeiten- auf Grund der speziellen Lebenssituation, dem Schlafmangel und dem Mangel an Ruhe. Eltern und Kind sind noch stark aufeinander bezogen (auch körperlich) und viele Verhaltensweisen, die in anderen Lebensphasen völlig "daneben" wären, können in den ersten Jahren mit den Kindern Sinn machen und "normal" sein, auch wenn es erstmal nach außen so aussieht als wäre etwas nicht in Ordnung. In dieser Lebensphase besteht aber- wenn sie gut genutzt wird- auch besonders viel Flexibilität und Veränderungspotenzial. Wenn dies in der Therapie Berücksichtung findet, können tiefgreifende Veränderungen stattfinden und Themen wunderbar gelöst und angeschaut werden.



